Unsere Geschichte
Ein Krankenhaus entsteht
Die bauliche Gestalt des Bundeswehrkrankenhauses wurde ab 1971 geplant und am 26 November 1974 fand dann die Grundsteinlegung statt. Aufgrund des 2010 geschlossenen Schutzbunkers war die Baugrube damals die größte im süddeutschen Raum. Nach rund sechsjähriger Bauzeit wurden im Jahr 1979 die Fachuntersuchungsstellen und 1980 der klinische Betrieb im neuen Krankenhausbau mit 620 Betten aufgenommen.
Leistungsspektrum
Mit dem Aufbau der Bundeswehr ergab sich gleichermaß der Bedarf an Behandlungseinrichtungen zur stationären Versorgung der Soldaten. Bereits in der Planungsphase zur Aufstellung neuer Streitkräfte wurden im „Amt des Beauftragten des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der Alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen“, kurz Amt Blank genannt, seit 1955 erste Überlegungen über den Aufbau eines Sanitätsdienstes der Bundeswehr und damit über eine eigene stationäre Versorgung von Soldaten angestellt.
1956 beschloss der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages endgültig die Auf-stellung friedensmäßiger Militärlazarette, um einer Forderung der NATO zu entsprechen. Aus Sicht der NATO konnte eine schnelle Marschbereitschaft mobiler Sanitätseinheiten nur sichergestellt werden, wenn das Sanitätspersonal neben der militärischen Ausbildung auch permanent in eigenen sanitätsdienstlichen Einrichtungen fachlich geschult und in Übung gehalten wird. 1970 erfolgte die Umbenennung der Lazarette in Bundeswehrkrankenhäuser und sie wurden verstärkt für zivile Patienten geöffnet.
Aufgrund der starken Truppenpräsenz im süddeutschen Raum entstand aber schon bald die Forderung, neben Wildbad noch weitere Lazarette in dieser Region zu errichten. Sie führte dazu, dass man bereits 1956 mit den ersten Planungen für ein 400 Betten Lazarett im süddeutschen Raum begann. Zunächst fand eine Erkundung am ehemaligen Standortlazarett Ulm am Michelsberg statt, das seit 1945 von der Stadt Ulm als städtisches Krankenhaus genutzt wurde. Ulm war sehr interessiert daran, das Areal käuflich zu erwerben, da ein erheblicher Mangel an städtischen Krankenhausbetten bestand. Schließlich entschied sich die Bundeswehr, diese letztlich ja doch veraltete Anlage der Stadt zu überlassen und ein neues Lazarett zu errichten.
Interessant ist, dass die Gespräche mit der Stadt Ulm schon damals zu einer vertieften zivil – militärischen Zusammenarbeit führten, indem 1960 die dortigen Städtischen Krankenanstalten
und die Bundeswehr eine Vereinbarung zur medizinischen Fortbildung von Soldaten abschlossen.
1966 kam es intensiven Gesprächen zwischen dem Gründungsrektor der Medizinisch-Naturwissenschaftlichen Hochschule Ulm, Prof. Dr. Heilmeyer, und dem Kultusministerium des Landes Baden-Württemberg mit der Inspektion des Sanitäts- und Gesundheitswesens der Bundeswehr hinsichtlich der Ulmer Überlegung, das geplante Bundeswehrlazarett in den klinischen Lehrbetrieb der neuen Universität zu integrieren.
Nach vielen Diskussionen innerhalb der Führung des Sanitätsdienstes kam man übereinstimmend zu der Überzeugung, dass eine enge Kooperation mit einer universitären Ausbildungsstätte erhebliche Vorteile für beide Seiten bringen würde. Die Bundeswehr könnte vor allem ihr Ausbildungsangebot für den Sanitätsdienst umfänglicher gestalten und die Universität ihre klinischen Ausbildungsmöglichkeiten erweitern. Nachdem die politische Führung des Bundesministeriums der Verteidigung 1966 der Umsetzung dieser geplanten Zusammenarbeit zugestimmt hatte, wurde das Bundeswehrlazarett Ulm mit angedachten 600 Betten in die Lazarettplanung aufgenommen.
Anfänglich wurde 1968 unter der Leitung von Oberstarzt Prof. Dr. Ahnefeld eine Anästhesiegruppe als Vorauskommando in Ulm stationiert und in der zentralen Anästhesieabteilung der Universität Ulm eingesetzt. Zu ihren Hauptaufgaben gehörten nicht nur die Ausbildung von Sanitätsoffizieren zum Facharzt Anästhesie oder von Unteroffizieren zu „Narkosegehilfen“, sondern sie sollten als Projektgruppe auch den Aufbau des Lazaretts steuern.
1969 ist die Aufstellung des Lazaretts befohlen worden und am 1. Juli 1969 traf das Voraus- personal ein. In den Jahren 1969 bis 1972 haben die FU-Stellen Innere Medizin, Chirurgie, Augenheilkunde, HNO sowie ein Testrettungszentrum mit Notarztwagen und Rettungshubschrauber ihren Dienst aufgenommen. Zwischen 1973 und 1974 kamen noch die Abteilungen Dermatologie und Venerologie, Augenheilkunde und HNO hinzu. Von erheblichem Nachteil war allerdings die Stationierung dieser Teileinheiten, da sie in den Ulmer Kasernen sowie den Städtischen Kliniken am Michelsberg und Safranberg untergebracht worden sind.
Als geeignetes Gebiet für einen Neubau bot sich das Gelände am Oberen Eselsberg an, das sich im Bundesbesitz befand; damit konnte zudem in unmittelbarer Nähe zum Universitäts-klinikum gebaut werden. Im April 1971 erging nunmehr der Planungsauftrag für das Bundeswehrkrankenhaus und im November 1974 fand die Grundsteinlegung statt. 1979 endete die Bauzeit und die Bundeswehr konnte ihren bis heute einzigen Krankenhausneubau übernehmen, der einschließlich der medizinischen Ausstattung 374 Mio. DM kostete.
Als der Planungsentwurf für das Krankenhaus erarbeitet wurde, war unsere Sicherheitslage durch den Ost-West-Konflikt geprägt, der seinen Ausdruck in der militärischen Konfrontation an der innerdeutschen Grenze fand. Damit ergab sich folgerichtig, dass das konventionelle wie auch gefürchtete nukleare Kampfgeschehen mit Masse auf deutschen Boden stattfinden würde. Die Bundeswehrkrankenhäuser wären zudem in der ersten Phase einer kriegerischen Auseinandersetzung die einzigen klinischen Einrichtungen gewesen, die anfänglich eine weiterführende Behandlung hätten übernehmen können. Konsequenterweise erhielt daher der Ulmer Neubau einen unterirdischen über drei Stockwerke verteilten, gebunkerten Schutzbereich mit bis zu 1000 Betten, der aber glücklicherweise nie zum Einsatz kam.
Die Inbetriebnahme des Hauses konnte aufgrund eines erheblichen Personalmangels nur schrittweise erfolgen; 1979 begannen zuerst die FU-Stellen mit der Arbeit und im darauffolgenden Jahr sind dann alle Fachabteilungen eröffnet worden. Ab April 1980 konnten bereits Notfalloperationen durchgeführt werden.
Schon in den Anfängen des Bundeswehrkrankenhauses ist ein sog. Testrettungszentrum eingerichtet worden. Von kommunaler Seite wurde dieser Einsatz begrüßt, um den zivilen Rettungsdienst zu unterstützen aber auch zu entlasten. November 1971 ist dann das TRZ offiziell in Dienst gestellt worden und entwickelte sich zu einer Erfolgsgeschichte, da die Bundeswehreinsätze hauptsächlich der zivilen Bevölkerung zugutekam. 2003 beendete die Luftwaffe mit ihrer Bell UH-1 D die Teilnahme am Rettungsdienst und der ADAC übernahm den Betrieb des Rettungshubschraubers, während Notarzt und Rettungsassistent weiterhin aus dem BwKrhsBundeswehrkrankenhaus kommen.
Mit der Aufstellung von Krisenreaktionskräften Anfang der 90er Jahre ergaben sich für den Sanitätsdienst Herausforderungen ganz neuer Art. Die weltweite sanitätsdienstliche Versorgung hochmobiler Einsatzverbände erforderten jetzt einen vollständig neuen Ansatz bei der medizinischen Betreuung der Soldaten. Einsatzmedizin bedeutete nicht mehr Medizin mit eingeschränkten Mitteln, sondern definierte sich als Individualmedizin auf dem neuesten Stand der Wissenschaft und Technik.
Mit der Ministerweisung zur „Neuausrichtung der Bundeswehr“ vom Oktober 2000 und den Verteidigungspolitischen Richtlinien vom Mai 2003 wurde festgelegt, dass internationale Konfliktverhütung und Krisenbewältigung nun zur strukturbestimmenden Aufgabe der Bundeswehr werde – mit allen Konsequenzen auch für den Sanitätsdienst und damit auch für die Bundeswehrkrankenhäuser.
Dieser Einsatzauftrag war zum bestimmenden Faktor aller Bundeswehrkrankenhäuser und damit auch für Ulm geworden. Der Kernauftrag zu jener Zeit beinhaltete
- eine intensivierte Aus-, Fort- und Weiterbildung des Fachpersonals
- die Gestellung dieses Fachpersonals für die Einsätze sowie
- die abschließende medizinische Versorgung repatriierter Soldaten.
Seit 2005 findet parallel zum Krankenhausbetrieb eine umfangreiche Modernisierung des Hauses statt. Erhöhte Anforderungen an die Infrastruktur eines neuzeitlichen Krankenhauses hatten diese für den Alltagsbetrieb belastenden Maßnahmen notwendig gemacht. So konnten beispielsweise 2013 ein neuer zeitgemäßer OP-Trakt in Betrieb genommen werden, 2017 wurde ein neu erbautes Rettungszentrum eröffnet und in den Jahres 2019 / 2020 / 2021 erfolgte der Bau eines Hubschrauberlandeplatztes auf dem Krankenhausdach, sodass über einen Aufzug der kürzeste und schonendste Transport von Notfallpatienten in die Notfallaufnahme möglich ist.
Wie anfänglich bereits erwähnt, wird die Entwicklung der Bundeswehrkrankenhäuser nicht nur durch die medizinischen Möglichkeiten, sondern vor allem auch durch den Auftrag und der Ausrichtung der zu betreuenden Streitkräfte beeinflusst. Mit der Wales-Summit-Declaration der NATO 2014, den dadurch ausgelösten Neuausrichtungsprozess mit einem entsprechenden Weißbuch 2016 und der daraus folgenden Neukonzeption der Bundeswehr (KdB) 2018 als bestimmendes Dachdokument zur langfristigen Festlegung der militärischen Verteidigung Deutschlands ist eine Rückbesinnung auf die Landes- und Bündnisverteidigung beschrieben worden. Dies bedeutet für unsere Krankenhäuser nicht nur das bisher erreichte qualitative Versorgungsniveau zu halten, sondern sich auch den Anforderungen bei der im Rahmen der Landesverteidigung möglichen Massenversorgung erneut zu stellen. Somit steht das Bundeswehrkrankenhaus Ulm gemeinsam mit den anderen Bundeswehrkrankenhäusern vor großen Herausforderungen, um ihrem Auftrag, die sanitätsdienstliche Versorgung der Soldaten in allen Situationen sicherzustellen, nachkommen zu können.
Das Bundeswehrkrankenhaus Ulm hat in den vier Jahrzehnten gezeigt, dass es seine Aufträge zu jeder Zeit gemeistert hat und sich so auch den zukünftigen Aufgaben tatkräftig stellen wird.