Ethische Bildung im Bundeswehrkrankenhaus Westerstede
Ethische Bildung im Bundeswehrkrankenhaus Westerstede
- Datum:
- Ort:
- Westerstede
- Lesedauer:
- 2 MIN
Das Ethikkomitee des Bundeswehrkrankenhauses Westerstede führte am 16. Mai eine Veranstaltung zur ethischen Bildung und historischen Reflexion durch. Rund 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter medizinisches Personal und Fachkräfte, kamen zusammen, um sich mit einem dunklen Geschichtskapitel der Heil- und Pflegeanstalt Wehnen, der heutigen Karl-Jaspers-Klinik, auseinanderzusetzen.
Im Mittelpunkt stand die kritische Auseinandersetzung mit der Rolle der Einrichtung während der Zeit des Nationalsozialismus. Obwohl offizielle Vertreter lange Zeit betonten, dass in Wehnen keine Euthanasie durchgeführt wurde, zeigen neuere Forschungen, dass die Realität eine andere war. Bereits drei Jahre vor Beginn der Aktion T4, die systematischen Tötungen von Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen zum Ziel hatte, begann in Wehnen ein Euthanasieprogramm.
Dieses umfasste vor allem das Aushungern von Patientinnen und Patienten. Die Sterberate erreichte im Jahr 1945 einen Höhepunkt, bei dem das Sechsfache des Normalwertes verzeichnet wurde. Schätzungen zufolge wurden in der Zeit des Nationalsozialismus etwa 1.500 Patientinnen und Patienten in Wehnen gezielt getötet.
Ethische Verantwortung
Die Veranstaltung wurde durch die Medizinaldirektorin Andrea Schwanbeck als Teil des Ethikkomitees des Klinikzentrums Westerstede geleitet. Ein besonderer Moment war das Nachdenken über die Patientenschicksale aus jener Zeit, die durch eine eindrucksvolle Präsentation sichtbar gemacht wurden. Eine Teilnehmerin fasste die Bedeutung der Veranstaltung treffend zusammen:
„Ein stiller Moment des Innehaltens und Nachdenkens: Die heutige Veranstaltung, die gezeigten Patientenschicksale aus der NSNationalsozialismus-Zeit, erinnert uns als medizinisches Personal daran, wie schnell Heilberufe zu Werkzeugen der Gewalt werden können – und wie wichtig unsere ethische Verantwortung ist.“
Als Referent konnte das Ethikkomitee den Historiker Dr. Ingo Harms gewinnen, der die historischen Hintergründe und die erschütternden Fakten anschaulich darstellte. Ziel der Veranstaltung war es, das Bewusstsein für die ethische Verantwortung im medizinischen Alltag zu stärken und die dunkle Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Beeindruckend und motivierend
Für Andrea Schwanbeck war die positive Resonanz sowie die interaktive Mitarbeit aller Teilnehmenden beeindruckend und motivierend, solch ein Format für das Bundeswehrkrankenhaus wieder anzubieten. Gerade in der aktuellen politischen Entwicklung sei es für uns als Bundeswehrangehörige im Sanitätsdienst wichtig geschichtliche Hintergründe und Ereignisse nicht zu verdrängen.
Besonders ergriffen habe sie die Inschrift des Mahnmals in Wehnen: „Die Kranken und Schwachen zu schützen, ist die Würde der Gesunden“.
Das Bundeswehrkrankenhaus Westerstede setzt damit ein deutliches Zeichen für den verantwortungsvollen Umgang mit Geschichte und die kontinuierliche Reflexion ethischer Grundsätze im Gesundheitswesen.